Nun hat das Alter Julia doch eingeholt

Julia auf ihrer FellimitatdeckeEs ist gerade mal einen Monat her, als ich so euphorisch über Julias Wunderheilung schrieb. Mittlerweile hat sich wieder einiges geändert und das leider nicht zum Guten. Julia ist eine sehr verschmuste Katze, hat noch nie die Krallen ausgefahren, um jemanden zu verletzen oder etwas zu beschädigen.

Hin und wieder gibt es immer mal diese kleinen „Liebesbisse“ von ihr, um zu zeigen, dass sie an dieser oder jener Stelle ganz besonders gern gekrault wird. Natürlich hat sie wie jede Katze auch ihren eigenen Dickschädel und nicht unbedingt immer das gemacht, was man so als Mensch erwartet.

Sie sucht die menschliche Nähe

In letzter Zeit ist sie aber ganz besonders anhänglich. Kaum einen Schritt, den ich machen kann, ohne dass sie im nächsten Moment neben mir steht. Stehe ich auf und möchte irgendwo hingehen, hat sie es kurze Zeit vorher registriert und ist fast zeitgleich losmarschiert, allerdings oft sehr viel langsamer, als mir recht ist und ich muss dann hinter ihr herschleichen. Im Winter pflege ich mein Zigarettchen im Keller zu rauchen. Auch da konnte es passieren, dass auf einmal ein schwarzes Katzentier die Treppen herunterstiefelte.

Mal zieht sie es vor, auf ihrem Katzenkissen vor der Heizung, mal auf der Couch zu schlafen und phasenweise auch in meinem Bett. Bis vor kurzem schlief sie dann täglich bei mir. Und wehe, sie hatte mal nicht mitbekommen, dass ich bereits ins Bett gegangen war! Dann saß sie hin und wieder unten an der Treppe und fing an, laut zu jammern. Also wieder aufgestanden, Treppe runter, Julia auf den Arm, ins Bett verfrachtet: Katze war glücklich.

Also es ist nicht so, dass sie nicht wüsste, wie sie dorthin kommen sollte. Denn tagsüber, wenn ich bei der Arbeit bin, verbringt sie wohl die meiste Zeit in meinem Zimmer und komme ich nach Hause, dann hoppelt sie die Treppe hinunter, um die Heimkehrer zu begrüßen – noch warm und etwas verschlafen. So sind Katzen eben.

Extremster körperlicher Abbau

In letzter Zeit habe ich zunehmend beobachten können, dass sie immer schlechter sieht und ich befürchte sogar, dass sie mittlerweile erblindet ist. Die Wege, die sie kennen müsste, schreitet sie nun sehr vorsichtig ab. Häufig an der Wand oder an Gegenständen entlang und es passiert immer häufiger, dass sie irgendwo gegenläuft.

Julia auf ihrem Kissen an der HeizungFrüher jagte sie ihren Lieblingsdrops wild hinterher, wenn man sie quer durch den Raum schmiss. Mittlerweile kann ich den Drop 5 cm vor ihrer Nase auf den Boden fallen lassen – sie sieht ihn einfach nicht, sondern findet ihn nur, wenn sie Zentimeter für Zentimeter vor und neben sich alles absucht.

Ich vermute daher, dass sie auch schwerhörig geworden ist, denn sonst würde sie wenigstens das Klackern des Drops noch wahrnehmen. Mittlerweile halte ich ihr die Dose nur noch hin, damit sie sich ihre Lieblings-Leckerchen selber mit der Pfote herausangeln kann.

Was mir außerdem noch Sorge bereitet ist, dass sie oftmals orientierungslos wirkt. Sie sitzt dann einfach nur da und schaut mit ihren großen Kulleraugen hektisch um sich. Ich spreche dann meist mir ihr oder gehe zu ihr und streichle sie, bis sie sich wieder beruhigt hat.

Sie war schon immer ein Tier, das sich am wohlsten fühlt, wenn sich ihre Lieben um sie herum befinden z. B. an Wochenenden und gerade jetzt im Winter liegt sie gemütlich neben mir auf einer Decke und genießt ihre Streicheleinheiten zwischendurch.

Sie braucht jetzt ganz viel Liebe

Aber nun nimmt ihre Anhänglichkeit immer mehr zu und ich habe den Eindruck, dass sie oftmals in Panik verfällt und sich vereinsamt fühlt, wenn sie meint, dass plötzlich niemand mehr da sein könnte. Befindet sich z. B. für einen Moment niemand im Wohnzimmer, dann fängt sie fürchterlich an zu jammern. Das passiert aber immer nur abends, wenn sie weiß, dass wir da sein müssten. Den Tag verschläft sie eh meist und das ist auch gut zu wissen, wenn man tagsüber außer Haus ist.

Sie hat bis jetzt immer noch kein Problem damit, auf die Couch oder sogar auf mein Bett zu springen. Allerdings ist sie letztens von der Couch geplumpst, weil sie daneben getreten ist. Meist springt sie links von mir hoch, stiefelt über mich hinweg, um sich dann rechts von mir niederzulassen. Das war bisher auch noch nie ein Problem, in letzter Zeit muss ich sie aber immer ein wenig seitlich mit Hand führen, damit sie ihren Platz findet.

Schreckmoment

Julia mit Steiff-BärchenGestern kam es dann zu einem Ereignis, das mir in der Seele wehtat. Ich saß mal wieder mit meiner besseren Hälfte im Keller und wir rauchten unser Zigarettchen.

Ich hörte erst nur ein Rascheln und dachte, die Tüte mit dem Altpapier sei umgefallen. Kurz darauf sah ich, wie ein schwarzes Fellknäuel die Treppe herunter rollte und drohte, die komplette Treppe herunter zu fallen. Dank des tollen Reflexes meines Freundes konnte er gerade noch aufspringen und sie auffangen. Sie war definitiv nicht mehr in der Lage, die Abstände der Stufen und die Maße der leicht geschwungenen Treppe abzuschätzen.

Nach diesem Vorfall musste sie eine Weile lang beruhigt werden. Sie war total verschreckt und rang mit weit aufgerissenen Augen nach Atem. Gott sei Dank hatte sie sich dabei nicht verletzt. Ich bin mir sicher, wäre sie gesund, hätte sie einerseits die Stufen erst gar nicht verfehlt und andererseits sich selber fangen können. Uns wurde klar, dass wir noch mehr aufpassen und z. B. die Kellertür schließen sollten. Außerdem werden wir möglichst wenig in der Wohnung verändern, um sie nicht noch weiter zu irritieren.

Dieser Abend endete dann noch damit, dass ich sie auf ihrem Kissen noch mal gestreichelt hatte und dann ins Bett ging. Kaum eingeschlummert, vernahm ich ein Gejaule aus dem Wohnzimmer. Also bin ich wieder aufgestanden und hinunter gegangen – da saß sie auf ihrem Kissen und schaute mich erwartungsvoll an. Nachdem sie dann selig schnurrend auf meinem Bett lag und mir ständig mit ihrer rauhen Zunge die Hand ableckte, war die Welt wieder in Ordnung.

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5 Antworten

  1. Blücher sagt:

    Es ist schon traurig mit ansehen zu müssen, wie ein Tier, dass seit langer Zeit mit im Haushalt lebt, sich langsam aber sicher „verabschiedet“. Schließlich betrachtet man dieses Wesen ja als Familienmitglied. Auf der anderen Seite muß man aber auch sagen, dass Julia mittlerweile ein fast biblisches Alter für eine Katze hat und sie ein tolles Leben bei dir führen durfte. Vielen anderen Kreaturen ist dieses Glück nicht vergönnt. Naja, und das Altern gehört ja schließlich auch zum Leben. Sowohl beim Menschen wie auch beim Tier… auch wenn das viele Mitglieder unserer Spezies (besonders die Weiblichen), nicht einsehen oder verstehen wollen oder können. Da wird dann mal mit Botox o.ä. nachgeholfen… und wofür ? Die körperlichen Gebrechen bleiben.
    Dein Bericht ist wieder einmal wunderbar geschrieben und es kommt mir fast so vor, die Julia selbst zu kennen. Kraul ihr mal die Öhrchen von mir !

    VLG
    Blücher

  2. Wie traurig, ich wünsch euch viel Kraft mit der Situation umzugehen wenn es soweit ist. Inzwischen genießt eure tolle Katze, klingt ja wirklich nach einer ganz süßen! 😉

    • Sylvi sagt:

      @Blücher Ja das stimmt allerdings – 18 Jahre ist für eine Katze schon toll. Es ist schon merkwürdig. Vor einem Monat merkte man ihr so gut wie garnichts an. Und innerhalb eines Monats hat sie rapide abgebaut. Aber das muss man älteren Lebewesen eben zugestehen.
      Danke für das Kompliment, habe sie auch von Dir gekrault – fand sie natürlich wie immer ganz toll 😉

      @fitundgluecklich Ja sie ist ein richtiges Goldstück :-D. Also es ist wirklich so, dass man sich bereits auf das Ende vorbereitet und hofft natürlich, dass es zwar noch dauert, aber sie nicht leiden muss. Es ist doch anders, als ich es bei meinen Meerlies oft erlebt habe – plötzliches Ende durch Krankheit. Aber ich denke, man kann noch so gut vorbereitet sein, wenn es so weit ist, werde ich trotzdem leiden.

      Lieben Gruß
      Sylvi

  3. Pauli sagt:

    Ohjeee, ich lese erst jetzt Deinen Bericht über Julia.
    Als Katzenliebhaber kann ich das so gut nachvollziehen. Ich habe eigentlich ständig mindestens eine Katze, hatte bisher aber noch nie das Glück, dass meine auch nur annähernd ein solches Alter erreichten. Ich bin überzeugt, dass Julia bei Euch ein tolles Katzenleben gebabt hat und es ist rührend zu lesen, wie sehr Ihr Euch um sie kümmert und sorgt.
    Ich denke dann gleich zurück an meine Erlebnisse, wobei das schlimmste und einprägsamste wohl war, als ich mal meine beiden damals 3-jährigen Katzen vor einigen Jahren wochenlang pflegte und täglich mit einem Medikament spritzte um letztlich mit ansehen zu müssen, dass sie es doch nicht schafften. Ich hoffe, dass meine jetzigen Miezen auch mal älter werden. Gute drei Jahre haben sie es schon bei uns ausgehalten.
    Ich wünsche Euerer Julia noch einen schönen Katzenlebensabend und Euch viel Geduld und noch etliche schöne Momente mit ihr. Ich bin sicher, dass sie es nirgends besser haben könnte!

    LG Pauli

    • Sylvi sagt:

      Hallo Pauli,

      das ist ja total traurig mit Deiner Katze, die Du so lange spritzen musstest und sie es dann doch nicht überlebt hat. 🙁
      Danke für Deine lieben Worte und ich drücke Dir ganz fest die Daumen, dass Du ganz lange Zeit viel Spaß mit Deinen beiden Süßen haben wirst. Sie haben es wohl mindestens so gut bei Dir, wie Julia bei uns 🙂

      Lieben Gruß
      Sylvi