Ich und Vorurteile? Ja leider

Einkaufswagen

Mit freundlicher Genehmigung: © by „Broken Spirits“

Es ist schon erstaunlich, welche Gedankengänge mir bei alltäglichen Erledigungen wie beispielsweise beim Einkaufen durch den Kopf schießen. Manchmal frage ich mich, ob derartige Auswüchse nicht schon bedenklich sind. 😉 Neulich beim Einkaufen.
Eigentlich versuche ich mich immer dagegen zu wehren – gegen dieses Schubladendenken, das leider manchmal in eine negative Richtung tendiert.

Ein junges Pärchen kreuzte ständig unseren Weg durch den Supermarkt und schwupps … sprang die Schublade auf. Beide waren in Sportbekleidung gehüllt. Überhaupt frage ich mich ständig, ob es so ein riesiger Umstand ist, mal eben eine Jeans über zu streifen, statt in unförmigen Schlabber-Sporthosen zum Bäcker oder Friseur zu gehen.

Meist werden diese auch noch von Personen getragen, die aufgrund ihres Erscheinungsbildes mindestens seit 30 Jahren keinen Sportplatz geschweige eine Turnhalle – höchstens als Zuschauer – betreten haben.

Aber zurück zu unserem Pärchen. Beide schätze ich mal so auf Ende 20 Anfang 30. Gut, die Trainingsbekleidung saß gut und vielleicht kamen sie wirklich gerade vom Sport. Sie trug Basecap, er Solariumbräune.

Ein Blick, eine Geste und schon verloren

Ich ermahne mich „Mensch, Sylvia! Es ist Sommer, da ist man schon einmal stärker gebräunt.“ Der kleine Teufel in mir erwiderte „Die Haut sieht aber nach Abonnement beim Asi-Toaster aus.“

Während ich mich zwang, mich auf meinen Einkauf zu konzentrieren, tauchten die Beiden wieder auf. Der Einkaufswagen wurde natürlich meist ungünstig platziert und die Waren forschen Schrittes ohne Rücksicht auf Verluste zusammengesucht.

Ich hinterfrage mich: „Warum nur sind mir die Beiden auf den ersten Blick so unsympathisch?!“ und nach kurzem Blick- und Wortwechsel mit meiner besseren Hälfte „Warum ergeht es ihm genauso?“. Es war wohl dieses übertrieben selbstbewusste Auftreten „Hallo hier bin ich!“ Sie mit muffigem Gesicht ausgestattet, er mit überheblicher Miene – rein subjektiv natürlich.

Die Gedanken sind frei

Während wir unseren Wagen befüllten, stellte ich mir die supermoderne und viel zu teuer eingerichtete Wohnung des Pärchens vor. Ich ärgere mich ein wenig, dass ich keinen Blick in deren Wagen riskiert habe.
Aber darin befand sich bestimmt Fertigfraß, das per Mikrowelle in der Alno-Hochglanzküche zubereitet wird.

Kopfkino vom Feinsten!

Und weiter geht’s. „Mit einem popeligen Mittelklassewagen trauen die sich bestimmt nicht auf die Straße.“

So, jetzt aber … Schublade zu!

Während wir unseren Einkauf im Auto verstauten, sah ich das Pärchen schon wieder. Sie stiegen in ihren Boliden Marke „Range Rover, Evoque“ (ich habe ein wenig gegoogelt 😉 ) in Weiß und neuester Bauart.

Aber wahrscheinlich sind sie ja beide total nett!

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14 Antworten

  1. Pauli sagt:

    Hey Sylvi,

    toll geschrieben!
    Also mir sind solche Gedankengänge ja total fremd!! 😉 😉

    Schönes Wochenende,

    Pauli

  2. Miki sagt:

    😉
    Ich dachte bis eben „Alno“ wären Gardinen…
    und ich hab’s bei meinen Einkaufsstorys mehr mit dem rücksichtslosen Verhalten sehr alter Menschen, aber ich werde mal die Augen offen halten…da geht sicher was! 🙂

    • Sylvi sagt:

      Hallo Miki,

      eine Namensähnlichkeit zur ADO-Gardine – die mit der Goldkante – ist durchaus vorhanden. 😉
      Und was das Verhalten älterer Menschen betrifft, hätte ich über unseren gestrigen Einkauf einen Zehnteiler schreiben können. Es war wieder extrem.
      Dabei bin ich noch relativ cool geblieben, aber meine bessere Hälfte hat fast einen Anfall bekommen. 😉

      Genau, halte mal die Augen auf. Letztens wäre ich fast rabiat geworden, da hat mich eine „Dame“ – und die war nicht älteren Semesters – ständig beim Vorbeigehen angerempelt und jedes Mal fast meinen Rucksack von der Schulter gehauen, beim 4. Mal hätte ich reagiert – aber richtig.

      Gruß Sylvi

  3. Thomas sagt:

    *lach* Das kommt mir bekannt vor. Meine Frau und ich spielen auch gerne das Schubladenspiel und auch gerne beim Einkaufen.

    Wir liegen auch selten daneben bei unseren Einschätzungen. Selten wird man positiv überrascht, eher öfter megativ. Wenn Leute die erst in eine gehobene Schublade gesteckt werden, dann doch nach unten sortiert werden müssen. *seufz*

    Und ich dachte immer, wir ziehen alle Hohlbirnen der Stadt bein Einkaufen an.

    LG Thomas

  4. Jasmin sagt:

    Herrlich die Gedanken beschrieben, die wir doch (fast) alle täglich besitzen und uns ertappen. Öffentliche Verkehrsmittel einer Großstadt sind auch bestens für Kopf Kino geeignet, kann ich hin und wieder empfehlen und es macht so schön Bodenständig…

  5. Sylvi sagt:

    Hallo Thomas,

    ich versuche wirklich oft, erst gar keine negativen Gedanken aufkommen zu lassen, aber manche Menschen machen es einem wirklich nicht leicht. 😉

    Vielleicht ist es eine Art „Abreagieren“ und man braucht das einfach hin und wieder, über Leute zu lästern. Wie so eine Art Frustabbau, wenn einem alles auf den Keks geht. Da kommen einem solche „Hohlbirnen“ gerade recht.

    Aber ich sage mir besser nur gedanklich als auf verbaler oder sogar körperlicher Ebene, gell? 😉

    Hej Jasmin,

    ich würde sogar das „fast“ streichen. 😉 Öffentliche Verkehrsmittel … herrjemine, da tun sich noch ganz andere Abgründe auf.

    Was ich in meinem Urlaub in Grömitz förmlich genossen habe, einfach nur vor einem Café an der Promenade bei einem Kaffee oder Radler sitzen und … beobachten. 😀

    Wobei sich sagen muss, dass es dort sehr wenig zu lästern gab. 😉

    Lieben Gruß
    Sylvi

  6. Jenni sagt:

    Ich bin mir gar nicht sicher, ob das wirklich Vorurteile sind. Wir haben alle unsere Erfahrungen und die lauern irgendwo in unseren Köpfen. Und wenn etwas aussieht wie ein Apfel und schmeckt wie ein Apfel ist die Wahrscheinlochkeit groß, dass es tatsächlich ein Apfel ist. 🙂
    Ich glaube vieles davon läuft unbewußt ab, deswegen nennen wir es Vorurteile.

    • Sylvi sagt:

      Ja Jenni, es ist wohl so, dass es nicht unbedingt die Vorurteile sind, die sich verstärken, je älter man wird. Ich glaube, dass aufgrund lebenslanger Erfahrungen und der tägliche Umgang mit den unterschiedlichsten Menschen unser Gespür für eine Einschätzung verfeinert. Ich rede mir das jetzt mal ein. 🙂 Aber ich denke, man muss trotzdem aufpassen, Menschen nicht nur aufrund von Äußerlichkeiten in Schubladen zu stecken. Letztendlich zählt der Gesamteindruck bestehend aus Aussehen, Gestik, Mimik und Sprache.

  7. Lydia sagt:

    Hallo Sylvi,

    ich bin durch neontrauma.de über deinen Blog gestolpert. 🙂

    Dieses Schubladen-Denken ist mir auch nicht fremd. Ich muss zugeben, dass ich andere Leute immer recht schnell in eine Schublade stecke, auch wenn ich es eigentlich nicht möchte und mir von anderen Leuten auch wünschen würde, dass man mich nicht gleich in eine Schublade steckt, in die ich nicht reingehöre. Andererseits habe ich oft den Eindruck, dass viele Menschen genau das provozieren…

    Ich habe allerdings mal in einer Dokumentation gesehen, dass dieses Schubladen-Denken ein ureigener Instinkt ist, der uns schon vor tausenden von Jahren in die Wiege gelegt wurde – damals, als andere Menschen noch eine echte Gefahr darstellen konnten. Innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde musste der Mensch oftmals aus weiter Entfernung heraus einschätzen „Ist der da jetzt Freund oder Feind?“. Der erste Eindruck zählte also – kein ausführliches Gespräch.

    Von daher glaube ich schon, dass wir nicht das schlechteste Gewissen haben sollten, weil wir andere Menschen mal gerne in Schubladen stecken. Wichtig ist nur, dass wir uns auch vom Gegenteil überzeugen lassen, wenn wir ihnen unrecht tun. 🙂

    In diesem Sinne

    liebe Grüße

    Lydia 😉

    • Sylvi sagt:

      Hallo Lydia,

      ich bin durch neontrauma.de über deinen Blog gestolperty

      Und so schließt sich der Kreis. 😀

      Das ist es wohl, was mir ein ungutes Gefühl bereitet – dass ich ebenfalls nicht oberflächlich bewertet werden möchte, sondern sich die Menschen die Mühe machen, mich besser kennen zu lernen, bevor sie ihr Urteil über mich fällen.
      Aber ich weiß, das ist Wunschdenken.

      Andererseits habe ich oft den Eindruck, dass viele Menschen genau das provozieren…

      Komisch, mir fallen jetzt ganz spontan Rocker in ihrem martialischen Outfit ein. Ich habe mal so einen erlebt, von dem ich behauptet hätte, ihm nicht im Dunklen begegnen zu wollen. Dann wurde ihm bei Einführung der Landeshundeverordnung mitgeteilt, dass sein als Listenhund eingestufter Hund ein Maulkorb tragen müsse, da hat er geweint, war ganz fertig und wirkte wie ein kleiner Junge auf mich. Da war ich schon überrascht.

      Wichtig ist nur, dass wir uns auch vom Gegenteil überzeugen lassen, wenn wir ihnen unrecht tun.

      Dazu bin ich immer gerne bereit, wenn es sich um Menschen handelt, mit denen ich ständig zu tun habe. Ich will mir ja das Miteinander durch meine Vorurteile nicht erschweren. 🙂

      Lieben Gruß
      Sylvi

  8. Nila sagt:

    Ghihihi und ihre Namen sind Kevin und Jacqueline. 🙂 Gute Bräune bei diesem Sommer. Lol, willkommen Solarium

    Mit deinem Bericht hast du mir aus der Seele geschrieben. Ich denke mal, jeder von uns hat mit den Jahren so sein eigenes Schubladendenken aufgebaut.

    In diesem Sinne: Viel Spaß bei Wochenendeinkauf „zwinker“

    • Sylvi sagt:

      Hej Nila,

      na, das ist doch mal eine gute Idee. Beim nächsten Einkauf gebe ich ihnen noch Namen. :mrgreen:

      Den Gedanken kann man ja glatt weiterspinnen. Zu „Namen“ fällt mir ein, dass auch sie bestimmte Assoziationen in mir auslösen. Ich bin jetzt kurz in mich gegangen, aber ich kenne niemanden in der Blogosphäre, der so heißt und sich jetzt auf den Schlips getreten fühlen könnte.
      Hier in der Nachbarschaft läuft beispielsweise ein Junge namens Malte herum und ich stelle mir seine Eltern in Ökolatschen und Jeanslatzhose vor.
      Schlimm sowas! 😉

      Gruß Sylvi

  9. Peter sagt:

    Hi Sylvi,
    natürlich sind mir Vorurteile „föllich vremd!“ ;-D
    Aber im Urlaub und beim Einkaufen rennen einem diese Typen doch immer förmlich vor die Füße, so das ‚man‘ gar nicht anders kann, als in Schubladen zu denken.
    Junge Leute können gar nicht mehr anders einkaufen, als Fast Food, und Rentner grölen sowieso immer als erste nach der weiteren Kasse.
    Engländer sehen alle bleich wie Zombis aus, und Amis sind alle fett, oder?
    ;-P
    LG
    Peter